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Migräne: An der Nasenwurzel gepackt
#1 Migräne: An der Nasenwurzel gepackt von Ursula
09.04.2015 15:59

Zitat von Name
Wird der Nervenknoten an der Nasenwurzel mit einem Lokalanästhetikum betäubt, kann das nicht nur den akuten Migräneschmerz dämpfen, sondern auch die Migräneattacken in den folgenden Wochen deutlich in ihrer Intensität abmildern.
Für Migränepatienten gibt es Hoffnung: Wie ein Ärzteteam vom Albany Medical Center (Bundesstaat New York, USA) kürzlich berichtete, könnte eine neue Therapieform Migräne-Kopfschmerzen in Zukunft deutlich abmildern. Dabei wird das Lokalanästhetikum Lidocain über eine etwa Spaghetti-große Nasensonde direkt an das Ganglion pterygopalatinum (Flügelgaumenganglion) gebracht. Dieser Nervenknoten an der Nasenwurzel wurde bereits mit Migräne in Verbindung gebracht. Neu an diesem Ansatz ist die Applikation des Betäubungsmittels. Denn bereits in früheren Studien konnte der Nervenknoten erfolgreich betäubt und so das Kopfschmerzempfinden von Migränepatienten gemildert werden. Bisher waren dazu aber Injektionen nötig, die für die Patienten unangenehm und mit einem höheren Risiko verbunden waren. Die neue Applikation via Nasensonde ist minimalinvasiv unter Kontrolle bildgebender Verfahren und kommt ohne Nadel und Narkose aus – das ist für die Patienten deutlich angenehmer und sicherer.
Schmerzreduktion um die Hälfte
An der Studie zur Wirksamkeit von Lidocain am Ganglion pterygopalatinum nahmen 112 erwachsene Patienten mit schweren Migräneanfällen oder Clusterkopfschmerzen teil. Vor der Behandlung litten die Patienten an mindestens 15 Tagen im Monat unter starken Kopfschmerzen, deren Intensität sie selbst durchschnittlich mit 8,25 von zehn Punkten einstuften. Bereits am Tag nach der Behandlung mit Lidocain (4 %) hatte sich das durchschnittliche Schmerzempfinden der Teilnehmer auf die Hälfte reduziert (4,10 auf der VAS Schmerz-Skala).
Lidocain wirkt nach
Auch 30 Tage nach der einmaligen Behandlung spürten die Patienten noch eine deutliche Verbesserung ihrer Kopfschmerzen. Das durchschnittliche Schmerzempfinden lag dann bei 5,25, das entspricht einer 36-prozentigen Verbesserung der Schmerzen verglichen mit dem Zustand vor der Behandlung. 88 Prozent der behandelten Patienten berichteten, vier Wochen nach der Behandlung mit Lidocain deutlich weniger oder gar keine Schmerzmittel mehr eingenommen zu haben. Bei sieben Patienten (6,3 %) schlug die Behandlung allerdings nicht an.
Reset-Knopf für den Migräne Schaltkreis
Doch warum wirkt das Lokalanästhetikum noch lange, nachdem seine betäubende Wirkung längst nicht mehr spürbar ist? „Die Applikation von Lidocain an das Ganglion pterygopalatinum wirkt wie ein Reset-Knopf für den Migräne Schaltkreis“, erklärt Studienautor Dr. Kenneth Mandato. „Selbst wenn die anfängliche Betäubung durch das Lidocain abklingt, hat der Migräneauslöser nicht mehr den gleichen, starken Effekt wie vor der Behandlung.“
Wiederholte Anwendung denkbar
Lidocain ist ein Natriumkanalblocker. Über die Blockade der potentialgesteuerten Na+-Kanäle hemmt der Arzneistoff die Schmerzauslösung. Ist der Migränezyklus einmal durchbrochen, erhalten die Patienten wieder mehr Lebensqualität zurück. Wie lange die Patienten tatsächlich von einer einmaligen Anwendung profitieren, soll eine Langzeitstudie nun klären. Da die Behandlung an sich minimalinvasiv und Lidocain im Allgemeinen gut verträglich sei, spräche grundsätzlich nichts dagegen, den Wirkstoff auch bei Bedarf wiederholt anzuwenden. Auch andere Lokalanästhetika will das Team aus Albany in einer zukünftigen Studie testen.
Hilfe für schwere Fälle
Trotz aller guter Hoffnungen, die diese Applikation für viele Betroffene mit sich bringt: Heilen lässt sich Migräne bisher nicht. Von der Betäubung durch die Nasensonde könnten aber diejenigen Patienten profitieren, bei denen herkömmliche Schmerzmittel nur unzureichende Linderung bringen und deren Lebensqualität durch die Migräneattacken erheblich eingeschränkt ist.
Insgesamt leiden in Deutschland etwa acht Millionen Menschen unter Migräne. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Doch auch Kinder zählen bereits zu den Migränepatienten: Bei fünf Prozent aller Betroffenen treten erste Attacken schon vor der Pubertät auf. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört Migräne zu den 20 Leiden, die das tägliche Leben am meisten einschränken.
Quälende Clusterkopfschmerzen seltener
Die sogenannten Clusterkopfschmerzen sind durch extreme, streng einseitig auftretende Kopfschmerzattacken charakterisiert. Die Anfälle sind zwar meist kürzer als Migräneattacken, dafür aber umso heftiger. In Deutschland sind etwa 150.000 Menschen von immer wiederkehrenden Clusterkopfschmerzen betroffen. Die allermeisten Patienten sind während einer Clusterkopfschmerz-Attacke extrem unruhig. Das unterscheidet sie deutlich von den meist absolute Ruhe suchenden Migränepatienten.
Artikel von Sonja Schmitzer
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Bildquelle: Noelia Granados, flickr / Lizenz: CC BY-NC-SA
Fachgebiete: Allgemeinmedizin, Medizin, Neurologie
Tags: Ganglion pterygopalatinum, Lidocain, migräne, Nasensonde
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3 Kommentare:
Dr. Dominik Hopmann
Dr. Dominik Hopmann
Arzt
Au weia! Das ist eine experimentelle Studie, die sicher nicht zufällig in einer radiologischen Zeitschrift und nicht in einem einschlägigen neurologischen oder Kopfschmerz- Journal erschienen ist. Allein die Tatsache, dass hier einfach Clusterkopfschmerz- und Migraine- Patienten in einen Topf geworfen wurden, spricht für ein bescheidenes Niveau. Placebo- oder Sham- Applikation fanden anscheinend auch nicht statt. So einen Eingriff hier als wenig invasiv und “deutlich angenehmer und sicherer” anzupreisen erscheint mir sehr gewagt.
Es gibt sehr viele verschiedene Kopfschmerzformen, die meisten können sehr gut behandelt werden können. Voraussetzung ist die exakte Diagnose des Kopfschmerzsyndroms, die dann ein sehr differenziertes und individuelles therapeutisches Vorgehen erlaubt – das umfasst auch sehr viele nichtmedikamentöse, schonende Therapieformen mit gesicherter Wirksamkeit. Deshalb sollten Patienten mit Kopfschmerz von Kopfschmerz- Spezialisten untersucht und behandelt werden, nämlich von Neurologen (und nicht etwa “Heilpraktikern”, wie wieder mal gut an dem undifferenzierten Anpreisen von Zuckerkügelchen der Dame aus Beitrag #1 abzulesen ist). Die Wahrscheinlichkeit, dass dann noch solche hier zitierten invasiven Außenseitermethoden nötig sein könnten, ist gering.
#3 | 9. April 2015 um 15:48
Johannes
Johannes
In meinem Freundes und Bekanntenkreis haben alle ihre Kopfschmerzen, bzw. Migräne durch vollreifes Obst- und Gemüsekonzentrat durch tägliche Einnahme verbannt. Dazu stellten sich noch viele andere positiven Ergebnisse in deren Körper, bzw. Leben ein. Es bedarf so wenig, wenn man nur weiss wie!!
#2 | 8. April 2015 um 15:04
Gabriele Strelau
Heilpraktikerin
Migräne läßt sich nicht heilen? Schulmedizinische Mittel versagen da oder bringen nur Linderung, mit homöopathischen Mitteln geht es aber oft sehr gut.