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Ursula

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Beiträge: 13080 | Punkte: 40124 | Zuletzt Online: 12.12.2022
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  • http://www.welt.de/gesundheit/article3649996/Wirksame-Mittel-gegen-qualv olle-Migraene-Attacken.html
    Publiziert 19.08.2014 13:39 | Kommentare: 0

    Wirksame Mittel gegen qualvolle Migräne-Attacken

    Volkskrankheit Migräne: Millionen Deutsche leiden darunter, Therapien sind häufig wirkungslos. Patienten, denen Arzneien bisher nur wenig helfen, können jetzt hoffen. Eine neue Substanzklasse, die sogenannten CGRP-Antagonisten, lindert die quälenden Kopfschmerzen und hat weniger Nebenwirkungen.

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    Von Uwe Groenewold
    Die Grafik zeigt verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Am häufigsten sind Migräne (1) und Spannungskopfschmerzen (2), selten ist der Cluster-Kopfschmerz (3).
    Die Grafik zeigt verschiedene Arten von Kopfschmerzen. Am häufigsten sind Migräne (1) und Spannungskopfschmerzen (2), selten ist der Cluster-Kopfschmerz (3). Foto: pa

    Darüber hinaus verhindert das neue Medikament ersten Untersuchungen zufolge besser als andere Mittel, dass die Migräne rasch zurückkehrt. "Das könnte die Behandlung der Zukunft sein", erklärte Arne May, Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) kürzlich bei einer Veranstaltung in Hamburg.


    Beim CGRP (Calcitonin gene related peptide) handelt es sich um ein Protein, das vom Trigeminusnerv freigesetzt wird. Schon vor rund 20 Jahren hatten Wissenschaftler während der Migräneattacke erhöhte CGRP-Spiegel gemessen, die sich nach Abklingen der Beschwerden wieder normalisiert hatten. Die heute verbreiteten Triptane wirken entzündungshemmend, stellen dabei aber gleichzeitig die Blutgefäße eng. Deshalb sind sie nicht für Herzpatienten geeignet. Demgegenüber blockiert die neue Substanz das CGRP direkt und hat nur einen schmerzlindernden, nicht aber gefäßverändernden Effekt.


    Verantwortlich für den typischen Migräneschmerz ist nach derzeitigem Wissensstand ein ungünstiges Zusammenwirken von entzündeten Blutgefäßen und überaktiven Nervenzellen im Bereich der Hirnhaut. Überempfindliche Schmerzrezeptoren machen so aus dem einfachen Pulsieren der Blutgefäße einen hämmernden, pochenden Schmerz, der sich schon bei geringer körperlicher Belastung weiter verstärkt. Die Anfälle beginnen oft in den frühen Morgenstunden, kündigen sich bei zehn Prozent der Patienten mit Seh- oder Sprachstörungen an ("Aura") und können 72 Stunden anhalten. Die Schmerzen sind meist auf eine Kopfhälfte begrenzt. Typische Begleiterscheinungen sind Übelkeit, Erbrechen, Geräusch-, Licht- und Geruchsempfindlichkeit. Viele Betroffene können eine Akutphase nur in absoluter Ruhe und Dunkelheit ertragen.


    In zwei Jahren auf dem Markt
    Migräne - Wie die Schmerzattacken entstehen
    Foto: pa Migräne - Wie die Schmerzattacken entstehen


    In einer ersten klinischen Studie hat Tony Ho aus Philadelphia das noch nicht zugelassene Medikament mit der Bezeichnung MK-0974 mit einem Triptan ("Zolmitriptan") und einem Scheinmedikament verglichen. Fazit: Je nach Dosierung waren 22 bis 39 Prozent der Patienten auch noch 24 Stunden nach Einnahme des neuen Wirkstoffes komplett schmerzfrei - verglichen mit 18 Prozent unter Zolmitriptan und elf Prozent unter Placebo. In internationalen Studien werden jetzt Wirksamkeit und Verträglichkeit im Langzeiteinsatz untersucht; Experten rechnen damit, dass das Medikament in etwa zwei Jahren auf den Markt kommt.



    Bis dahin müssen sich die rund acht Millionen Migränepatienten in Deutschland mit anderen Mitteln begnügen. Die sind in den meisten Fällen jedoch ausreichend: Zwei Drittel der Patienten kann mit einem herkömmlichem Schmerzmittel, zum Beispiel Acetylsalicylsäure, Paracetamol , Ibuprofen oder Diclofenac, geholfen werden – zumindest dann, wenn dies frühzeitig vor der vollen Schmerzentfaltung und hoch dosiert verabreicht wird. Zehn Minuten vorher sollte noch ein Medikament gegen Übelkeit eingenommen werden, damit die Schmerztablette nicht gleich wieder erbrochen wird.


    Wirken diese normalen Analgetika nicht (mehr) oder handelt es sich um schwere Migräneattacken, verschreibt der Hausarzt ein Triptan. Sieben verschiedene Substanzen sind derzeit erhältlich. Sie können gelutscht, geschluckt, unter die Haut gespritzt, als Zäpfchen oder Nasenspray genommen werden. Bei einigen setzt die lindernde Wirkung sehr schnell innerhalb von Minuten ein, andere schalten den Schmerz über einen längeren Zeitraum aus. Für die Behandlung sehr langer oder gehäuft auftretender Migräneanfälle eignen sich außerdem Ergotamine (Mutterkornalkaloide). Auch mit Koffein versetzte Kombinationspräparate werden von Experten wieder zur Akutbehandlung empfohlen.


    Teure Triptane helfen nicht jedem


    Trotz dieser in Studien geprüften und in den Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften festgeschriebenen Behandlungsgrundsätze ist die Versorgungssituation von Kopfschmerz- und Migränepatienten in Deutschland völlig unzureichend, wie DMKG-Präsident Arne May beklagt: "Die häufigste Frage von leidgeprüften Patienten lautet: Wo gibt es einen Arzt, der mir helfen kann?" Neben den universitären Kopfschmerzambulanzen gebe es bundesweit nur zwölf Kopfschmerzzentren sowie etwa 500 niedergelassene Kollegen mit entsprechender Spezialisierung. Im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf beispielsweise werden jährlich 1000 bis 1200 Kopfschmerz- und Migräne-Patienten behandelt, die Wartezeit für einen Termin in der von May geleiteten Ambulanz beträgt allerdings vier Monate.


    Außerdem dauere der Transfer von der Forschung in die klinische Praxis zu lange, die Medizinerausbildung in puncto Schmerzbehandlung sei ungenügend und die Medikamentenbudgetierung verhindere, dass Patienten in ausreichendem Maße mit benötigter Arznei versorgt werden, sagt May. Für die Migräne werden die gesamtwirtschaftlichen Gesamtkosten in Deutschland für 2004 auf 879 Millionen Euro geschätzt, aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Der Löwenanteil entfällt auf indirekte Kosten durch Arbeitsplatz- und Produktivitätsausfall. Patienten und Ärzte beklagen zunehmend, dass die Kosten für eine sinnvolle Therapie nicht mehr oder nur noch unter erheblichen Restriktionen von der gesetzlichen und privaten Krankenkasse erstattet werden. "Dabei belaufen sich sämtliche Migräne-Verordnungen gerade einmal auf 0,3 Prozent der Arzneimittelausgaben im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen", erklärte Professor Stefan Evers, DMKG-Vizepräsident aus Münster.


    Bei der Verordnung der migränespezifischen Triptane liegt Deutschland europaweit im hinteren Mittelfeld; sie werden nur bei jedem zehnten Patienten verschrieben. Zum Vergleich: In Schweden beträgt die Quote 50, in Finnland 41 Prozent. "Nicht jeder Patient benötigt die teuerste Medikation, aber viele Patienten bräuchten Triptane und bekommen sie nicht", beklagt Arne May. Die Folge sei, dass etwa die Hälfte der Patienten gar nicht mehr zum Arzt geht und versucht, die Beschwerden so gut es geht mit frei verkäuflichen Medikamenten unter Kontrolle zu bekommen.


    Der Erfolg ist meist nur bescheiden. Denn zum einen gibt es eine Reihe von Patienten, bei denen auch die stärksten zur Verfügung stehenden Medikamente keine ausreichende Linderung bringen. Zum anderen ist die Behandlung von wiederholt auftretender Migräne sehr komplex und reicht weit über die akute Schmerzbekämpfung hinaus. Die beste Therapie setzt sich aus drei Ansätzen zusammen, betont Professor Hans-Christoph Diener von der Universitätsklinik Essen: Medikamente zur Sofortbehandlung und Vorbeugung, Sport sowie das Erlernen verhaltenspsychologischer Verfahren. "Die Patienten müssen selbst aktiv werden", mahnt der Kopfschmerz-Experte. Am besten sei es, wenn Patienten herausfinden, was ihre Migräneauslöser sind und versuchen, diese zu meiden.


    Drei von vier Migränepatienten können solche schmerzauslösenden Triggerfaktoren benennen, wie eine Untersuchung im "Headache Center of Atlanta" im US-Staat Georgia mit über 1200 Patienten ergeben hat. Körperlicher oder seelischer Stress und – bei Frauen – hormonelle Veränderungen etwa während der Menstruation sind die am häufigsten genannten Migränetrigger. Veränderungen im Tagesablauf, zu viel oder zu wenig Schlaf, Wetterwechsel, verrauchte Räume, Umweltreize wie Lärm oder Licht, Alkohol und bestimmte Nahrungsmittel wie Käse oder Schokolade können ebenfalls für eine akute Attacke verantwortlich sein. Hilfreich ist ein Kopfschmerztagebuch, in dem Patienten alle Auffälligkeiten auf mögliche Einflussfaktoren eintragen. Sind die Trigger erst einmal erkannt, können sie viel gezielter vermieden werden.


    Auch eine vorbeugende Behandlung (Prophylaxe) kann sinnvoll sein. Erforderlich kann sie sein, sagen Mediziner, bei drei und mehr Migräne-Attacken pro Monat, lang anhaltenden Beschwerden, Zunahme der Anfallsfrequenz, Therapieversagen sowie bei Einnahme von Schmerz- und Migränemitteln an mehr als zehn Tagen pro Monat. "Sinn der vorbeugenden Behandlung ist langfristig die Reduzierung von Häufigkeit, Schwere und Dauer der Attacken", sagt Professor Evers. Außerdem könne eine Prophylaxe einem Dauerkopfschmerz entgegen gewirken, der sich aus dem stetigen Gebrauch von Migränemitteln entwickeln kann.


    Die Prophylaxe kann mit und ohne Medikamente erfolgen. Eingesetzt werden etwa Herzkreislaufmittel (Betablocker und Kalziumkanalblocker) oder Antiepileptika. Sie sollten mindestens sechs Monate eingenommen werden. Das führt dann bei 70 Prozent der Patienten zu einer mindestens 50-prozentigen Reduktion der Attackenfrequenz.


    Begleitend oder alternativ bieten sich aber auch zahlreiche nicht-medikamentöse Methoden an. Mit Entspannungsverfahren wie der progressiven Muskelrelaxation nach Jacobson könne man eine Reduktion der Migränehäufigkeit von 35 bis 45 Prozent erreichen, hat Professor Peter Kropp von der Universitätsklinik in Rostock herausgefunden. Auch Biofeedback, also die willentliche Beeinflussung unwillkürlicher Körperfunktionen, sowie Verhaltenstherapien oder Akupunktur haben sich bewährt.


    Ein regelmäßiger Tagesablauf und das Vermeiden von Stress können Häufigkeit und Intensität der Attacken reduzieren, außerdem das Lernen, Nein zu sagen und Ausdauersportarten wie Joggen, Walken, Schwimmen oder Radfahren. Besonders effektiv sind die Kombination mehrerer dieser Verfahren sowie die Kopplung von medikamentösen und nicht-medikamentösen Methoden, erläutert Kropp.


    Ohne positiven Einfluss bei der Bekämpfung der Migräne – da sind sich die Experten der DMKG einig – bleiben zahlreiche Verfahren, die häufig angeboten und beworben werden wie zum Beispiel autogenes Training, Hypnose, Reizstrom, Aufbissschienen, Entfernung von Amalgamfüllungen, Darmspülungen, Psychoanalyse, Augen-Laser-Akupunktur, Muskeldurchtrennung ("Corrugator-Methode"), Neuraltherapie, Fußreflexmassage oder Magnetfeldbehandlung.



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